Teamgeist ist für Jana Kolly wichtiger als der persönliche Erfolg. Mit ihrer Routine will sie Aergera zum Sieg in den Playoffs verhelfen, das Toreschiessen überlässt sie aber anderen.
«Ich bin die falsche Kandidatin für so einen Artikel. Ich schiesse weder 100 Tore, noch bin ich Nationalspielerin mit grossen Ambitionen oder sonst irgendwie interessant», sagt Jana Kolly schulterzuckend. Es sind zwei kurze Sätze zur Begrüssung, die die 25-Jährige perfekt charakterisieren. Humorvoll, bodenständig, rücksichtsvoll. Kolly nimmt sich selbst nicht zu wichtig und ist bei Aergera Giffers mehr um das Wohlergehen ihrer Mitspielerinnen besorgt als um das eigene. «Wenn es dem Team gutgeht, geht es auch mir gut. Und wenn das Team Freude hat, hat es auch Erfolg.»
Kolly mag zwar keine 100 Tore schiessen und keine Länderspielerfahrung mitbringen, aber sie ist eine jener Spielerinnen, die die anderen neben sich besser macht. Der Typ ruhige und fleissige Arbeiterin. Wobei ruhig nicht ganz stimmt, gelassen trifft es besser. «Mich kann wenig aus der Ruhe bringen. Je lockerer ich im Match bin, desto besser läuft es mir», sagt die OS-Lehrerin. Ruhig ist die Antreiberin auf dem Feld nicht, und schon gar nicht abseits davon. «Mich würde man wohl als Pausenclown bezeichnen», sagt Kolly mit einem Schmunzeln. «Ich mache gerne Witze, manchmal wohl etwas zu oft. Aber ich bin ein rational denkender Mensch: Wenn etwas nicht schlimm ist, muss man nicht etwas Schlimmes draus machen.»
Lieber Vorbereiterin als Torschützin
Lockerheit bedeutet bei Jana Kolly aber nicht Gleichgültigkeit. Sie hasst auf dem Feld nichts mehr als Larifari. In jedem Match versucht sie, eine Leaderrolle einzunehmen. Dabei glänzt sie lieber als mannschaftsdienliche Vorbereiterin und spielt den zweit- oder drittletzten Pass, als dass sie selbst den Abschluss sucht. Sie freut sich mehr für Mitspielerinnen, die einen Treffer bejubeln können, als über eigene Torerfolge. «Wenn Jana mal aufs Tor schiesst, dann erschrecken ihre Mitspielerinnen beinahe», scherzt ihr Trainer Richard Kaeser. «Manchmal wünschte ich mir bei Jana auf dem Feld etwas mehr Egoismus.»
Mit der Erfahrung von drei Saisons in der NLA, sieben in der NLB und über 130 Nationalligapartien ist die Flügelstürmerin eine der routiniertesten Spielerinnen ihres Teams. Sie geniesst ein entsprechend hohes Standing, gehört zum dreiköpfigen Captainteam. «Ich bin schon so lange dabei und weiss, wie es in Giffers läuft. Ich darf auch mal etwas sagen oder Ideen ins Team einbringen.» Kollys Wort hat Gewicht, wegen ihrer Loyalität gegenüber dem Verein, dem Staff und dem Team – und weil sie ein Aergera-Urgestein ist.
Frühes Debüt in der NLA
Aufgewachsen in Plaffeien, hat Klein-Jana erst Fussball, dann Badminton und Tennis gespielt. «Es war in der 6. Klasse, als ich mehr wollte, als Unihockey nur auf dem Schulhof in der Pause zu spielen», erzählt sie. «Von meinen Freundinnen mochte aber keine mitkommen, also bin ich eines Tages alleine nach Rechthalten an ein Training gegangen.» Es hat sie sofort gepackt. Nach einem Jahr wechselte sie zum ambitionierteren Giffers, wo sie als 16-Jährige bereits bei den U21A spielte. Als Aergera im Sommer 2015 aus der höchsten Juniorenstufe abstieg, ging sie nach Zäziwil, um weiterhin bei den A spielen zu können. Nach zwei weiteren Jahren bei Burgdorfs Elite-Nachwuchs und einem Kreuzbandriss, den sie sich an den Prag-Games, zuzog, kehrte Kolly zu Aergera zurück. Im Sommer 2018 gab sie als 19-Jährige ihr Debüt in der NLA.
Nach dem Abstieg von Aergera versuchte sich die Stürmerin in der Saison 2019/20 bei Burgdorf nochmals in der höchsten Schweizer Liga. «Als ich in Giffers bei den Junioren C spielte, waren Nadine Dietrich und Carmen Bapst meine Trainerinnen. Sie spielten in der NLB, ich fand das mega cool und wollte auch mal so wie sie werden.» Alles fürs Unihockey aufgeben, das sei allerdings nie eine Option gewesen. Ihr Glück hat Kolly in Burgdorf nicht gefunden. Nach einer halben Saison kehrte sie geläutert ins Sense-Oberland zurück. «Mit Giffers in der NLA hat es extrem Spass gemacht. In Burgdorf war das ganz anders. Mit sechs Natispielerinnen im Team und weiteren sehr ambitionierten Spielerinnen war der Konkurrenzkampf viel grösser. Viele schauten eher für sich, darunter litt dann das Mannschaftsklima.» Es waren Erfahrungen, die Jana Kolly heute sagen lassen: «NLB ist völlig ok. Wichtiger als die Liga ist es, in einer positiven Atmosphäre mit guten Kolleginnen spielen zu können, und gemeinsam Freude zu haben. Wenn nochmals NLA, dann nur mit Aergera.»
Mit der sofortigen Rückkehr in die Nationalliga A wird es aber vorläufig nichts. Der Verein aus Giffers hat bereits vor dem Start der Playoffs seinen Aufstiegsverzicht beim Verband eingereicht. «Es wird immer schwieriger, die Anforderungen von Swiss Unihockey für die NLA zu erfüllen», erklärt Kolly, die heute in Wünnewil wohnt und in Thun unterrichtet. «Wir müssten bei jedem Heimmatch einen speziellen Hallenboden verlegen. Das wäre teuer und sehr zeitaufwendig. Und wir müssen uns auch nichts vormachen: In der NLA hätten wir mit unserem Kader keine grossen Chancen.» Heute brauche es mindestens drei, vier starke Ausländerinnen, wenn man einigermassen mithalten wolle.
Es war ein heikler Entscheid, den Giffers fällen musste. «Mit dem Verzicht auf den Aufstieg hat man den Playoffs etwas die Spannung genommen», weiss Jana Kolly um die Problematik. Sie habe aber Verständnis für den Entscheid des Vereins. Dass die Playoffs deswegen zum unbedeutenden Übel verkommen, davor hat die 25-Jährige keine Angst. «Playoffs machen Spass, da herrscht eine ganz besondere Atmosphäre. Und schliesslich geht es darum, in den Final vorzustossen und NLB-Meister zu werden.»
Dass Giffers in der Lage ist, um den Meistertitel mitzukämpfen, hat es mit seinem zweiten Qualifikationsrang bewiesen. «Es ist erstaunlich, dass wir es mit relativ grosser Unbeschwertheit so weit nach vorne geschafft haben», findet Kolly. Man trainiere nur zweimal, spiele ohne Ausländerinnen und habe im Sommer die zwei besten Skorerinnen und eine komplette Linie Stammspielerinnen verloren. «Vor Jahren hätten wir bei einer solchen Ausgangslage um den Ligaerhalt zittern müssen, jetzt spielen wir trotzdem an der Spitze mit.» Das zeige, dass sich in Giffers in den letzten Jahren einiges entwickelt und gefestigt hat. Kolly denkt dabei insbesondere an die Nachwuchsarbeit. «Heute hat der Verein bei den Junioren ein klares Konzept und bringt regelmässig Spielerinnen ins Förderkader.» Das sei zu ihrer Zeit nicht so gewesen, «da musste man weggehen, wenn man gefördert werden wollte.»
Grossen Anteil an der positiven Entwicklung habe auch Trainer Richard Kaeser, findet die Stürmerin. «Er hat eine klare Idee, wie er spielen will, und gibt klare Anweisungen. Das ist sehr hilfreich.» Es sind solche Aspekte, die Kolly zuversichtlich machen, dass eine Rückkehr in die NLA dereinst wieder zum Thema werden könnte.
Ein anderes Team
Vorerst gilt Aergeras Konzentration aber dem Playoff-Viertelfinal gegen Basel Regio. Am Samstag findet in Giffers (20 Uhr) das erste Duell der Best-of-5-Serie statt, am Sonntag (17 Uhr) auswärts das zweite. Zuletzt hat Giffers gegen Basel 5:1 gewonnen, in der Vorrunde jedoch 0:3 verloren. «Bei der Niederlage hatten wir viele Torchancen nicht genutzt, was auch an der Einstellung lag. Das wird uns nicht mehr passieren. Seit drei Wochen studieren wir den Gegner mit Videos, zudem sind wir ein richtiges Playoff-Team. Da gibt jede Spielerin nochmals zehn Prozent mehr», ist Jana Kolly zuversichtlich. Damit wäre sie dann bei 110 Prozent.
Bericht Freiburger Nachrichten vom 08. Februar 2025